Wir zeigen Mädchen eine Welt voller Möglichkeiten.

Mit Diversität und Dankbarkeit zum Karriereerfolg

Anna Stando begleitet Unternehmen dabei, ein diverseres und inklusiveres Arbeitsumfeld zu schaffen. Dabei setzt sie auf einen Wert, der in der Arbeitswelt nur vermeintlich Nebensache ist: Dankbarkeit. Ihr Credo: Wer Dankbarkeit kultiviert, schafft und erkennt mehr Karrierechancen – für alle.

Anna Stando, du bist Co-Leiterin des Lean In Network Switzerland, einer Karriere-Netzwerkgruppe für Frauen. Mit welchen Anliegen kommen die Frauen zu dir?

Viele Unternehmen sind noch nicht sehr genderdivers, ganz zu schweigen von anderen Aspekten wie Herkunft, Hautfarbe, Alter, sexuelle Orientierung, Neurodiversität, Behinderungen und so weiter. Gender Bias, also Voreingenommenheit aufgrund ihres Geschlechts, behindern Frauen in ihrem beruflichem Fortkommen, sie erleben Mikroaggressionen am Arbeitsplatz oder werden bei Beförderungen übergangen. Das lässt sie zweifeln, ob sie in ihrem Unternehmen überhaupt Karrierechancen haben. Sie suchen daher Rat und erkundigen sich nach Strategien, um Bias entgegenzuwirken und die Inklusion am Arbeitsplatz zu fördern. Was auch oft angesprochen wird, ist die mangelnde Unterstützung für berufstätige Eltern und insbesondere Mütter. Sie kämpfen mit der Vereinbarkeit, begrenzten Elternzeitregelungen und unflexiblen Arbeitszeiten. Unser Netzwerk bietet Unterstützung und Beratung und stärkt Frauen, damit sie ihre beruflichen Ziele erreichen können.

Du hörst dir nicht nur die Seite der Arbeitnehmerinnen an, sondern arbeitest auch mit Unternehmen zusammen.

Genau. Die Unternehmen befinden sich in unterschiedlichen Stadien, was Inklusion und Diversität anbelangt. Dabei stelle ich immer wieder fest: Je mehr Engagement an der Unternehmensspitze vorhanden ist, desto schneller werden Änderungen vorgenommen und Massnahmen eingeführt, die systematische Bias beseitigen und Chancengleichheit sicherstellen. Und das nicht nur für Frauen, sondern für alle.

Wie sieht deine Arbeit mit den Unternehmen konkret aus?

Ich arbeite sowohl mit Führungskräften als auch Mitarbeitenden und unterstütze sie dabei, ihre eigene Voreingenommenheit zu erkennen und Wege zu finden, wie sie von der Einsicht zum Handeln übergehen können. So können sie künftig als Allies, also als Verbündete, für andere einstehen, wenn diese unfair behandelt werden. Zum Beispiel: Was kann ich sagen, wenn ein erfahrener Kollege für einen Junior gehalten wird oder wie kann ich reagieren, wenn eine Frau in meinem Team ständig unterbrochen wird? Aber auch: Wie stelle ich sicher, dass unsere Einstellungsverfahren so inklusiv wie möglich sind, und was kann ich tun, um unsere Beförderungsverfahren gerechter zu gestalten? Der Wille zu mehr Inklusion ist gross, aber es klafft auch eine gewaltige Lücke zwischen diesem Inklusionswillen und dem Wissen darüber, wie man dies auf effiziente und elegante Weise erreichen kann, sowohl auf persönlicher als auch auf Unternehmensebene. Mit meiner Arbeit möchte ich sichere Räume schaffen, in denen Menschen darüber lernen und Best Practices weitergeben können.

Wie verschmelzen deine persönlichen Erfahrungen mit deinem beruflichen Wirken?

Als Kind fehlte es mir an vielem, das wir als selbstverständlich ansehen: Essen, Kleidung, Schlaf, Strom, Fürsorge. Doch ich hatte den unbändigen Willen, mir eine bessere Zukunft zu schaffen. Als Fremde begannen, mich in meinen Vorhaben zu unterstützen, war ich zunächst überrascht. Später empfand ich tiefe Dankbarkeit. Ich fühle eine grosse Verantwortung, das Beste aus den Möglichkeiten zu machen, die mir gegeben wurden und werden. Das beobachte ich auch in meiner Freiwilligenarbeit bei Capacity, einer Organisation, die Geflüchtete und Migrant:innen in der Schweiz bei der Arbeitssuche oder Gründung eines eigenen Unternehmens unterstützt. Obwohl sie oft alles verloren haben, haben sie immer noch diese unglaubliche Fähigkeit, die Unterstützung, die sie erhalten, zu schätzen und ihre Dankbarkeit oft auf wunderbare Weise zu zeigen. Denn jemanden zu haben, der an dich glaubt, wenn du wieder bei null anfangen musst, bedeutet viel.

Du übst dich täglich in Dankbarkeit und hast die My Gratitude Challenge ins Leben gerufen. Inwiefern kann eine solche Soft Skill in der knallharten Geschäftswelt dienlich sein?

Wir verbringen etwa einen Drittel unseres Lebens bei der Arbeit. Eine grosse Umfrage ergab jedoch, dass die Menschen am Arbeitsplatz seltener Dankbarkeit zeigen als an jedem anderen Ort! Dabei zeigt die Forschung, dass Dankbarkeit am Arbeitsplatz die Arbeitsmoral verbessert. Wenn sich Mitarbeiter:innen wertgeschätzt fühlen, sind sie motivierter, hart zu arbeiten, und eher bereit, für Kolleg:innen einzuspringen und Dinge zu tun, die nicht zu ihrer Aufgabenbeschreibung gehören. Das schafft ein gutes Arbeitsumfeld und Verbundenheit. Und wenn wir uns mit unseren Kolleg:innen verbunden fühlen und das Gefühl haben, dass wir dazugehören, sind wir bei der Arbeit glücklicher.

Inwiefern ist Dankbarkeit bestärkend?

Es fängt damit an, dass wir erkennen, dass wir Chancen haben, die wir ergreifen können. Das gelingt vielen Menschen nicht, weil es so leicht ist, Dinge als selbstverständlich anzusehen. Dabei führt diese einfache Erkenntnis zur Handlungsfähigkeit. Und indem wir die Chancen, die sich uns bieten, anerkennen und dankbar dafür sind, entwickeln wir eine positive Grundeinstellung, die uns für neue Möglichkeiten öffnet. Dankbarkeit hilft uns auch, über anfängliche Herausforderungen oder Hindernisse hinwegzusehen, und gibt uns Kraft zum Weitermachen. Wir lernen so, den Weg selbst und die Menschen, die uns auf unserem Weg unterstützen, zu schätzen und Risiken in Kauf zu nehmen, weil wir eine Haltung der Fülle und nicht des Mangels kultivieren.

Du begegnest in deiner Freiwilligenarbeit mit Geflüchteten oder in deinem Einsatz für inklusivere Arbeitsplätze viel Ungleichbehandlung. Wie hilft dir Dankbarkeit, damit umzugehen?

Ich empfinde Dankbarkeit für die Arbeit anderer Menschen, die den gesellschaftlichen Wandel mit Hingabe und Entschlossenheit vorantreiben. Geht der Wandel schnell genug vonstatten? Nein. Bin ich oft frustriert? Ja. Aber es gibt mir Kraft und Hoffnung zu wissen, dass wir so viele sind, die für eine gerechtere Welt kämpfen. Ich bin dankbar für diese Inspiration und Motivation, weiterzumachen.

Gerade Mädchen werden oft dazu erzogen, freundlich, fürsorglich und bescheiden zu sein. Sollen sie jetzt auch noch dankbar sein?

Wenn wir Mädchen lehren, dankbar zu sein, und damit meinen, nie nach mehr zu streben, erteilen wir ihnen eine falsche Lektion. Wir können Mädchen (und Jungen!) aber beibringen, dass Dankbarkeit bedeutet, Freude im Alltäglichen zu finden, die Menschen in ihrem Leben zu feiern und die Freundlichkeit, die sie erfahren, und die Dinge, die ihr Leben angenehmer oder bequemer machen, zu schätzen. Dadurch helfen wir ihnen, sich zu widerstandsfähigen Menschen zu entwickeln, die in jeder Situation Hoffnung und etwas Wertvolles finden können. Dankbarkeit und das Streben nach mehr schliessen sich also nicht aus, im Gegenteil. Eine dankbare Haltung kann Kindern helfen, eine positive Weltsicht zu entwickeln. Dadurch fällt es ihnen leichter, nach mehr zu streben und tatsächlich daran zu glauben, dass sie ihre Ziele erreichen können. Das liegt daran, dass sie ein grösseres Bewusstsein haben für die Menschen, die sie dabei unterstützen, und für die günstigen Umstände, die es ihnen ermöglichen, ihre Träume zu verwirklichen.

Zwei Übungen für dich und deine Kinder, um Dankbarkeit zu üben

Dankbarkeitstagebuch
Das Führen eines Dankbarkeitstagebuchs kann sich sehr positiv auf die Stimmung, den Schlaf und das allgemeine Wohlbefinden auswirken. Die Idee ist simpel: Verpflichte dich, jeden Tag mindestens 3 Dinge aufzuschreiben, für die du dankbar bist. Schreibe nicht nur 3 Worte auf, sondern beschreibe ausführlich, warum du dankbar dafür bist. Versuch es mit dieser Formel:
«Ich bin so dankbar für …, weil … Danke.»

Der Silberstreif am Horizont
Wenn du gerade eine schwere Zeit durchmachst, ist es schwieriger, ein Dankbarkeitstagebuch zu führen. Das ist verständlich und absolut in Ordnung. Wenn du bereit bist, nach dem Silberstreif am Horizont zu suchen, versuche es mit dieser 3×3-Übung:
1. Notiere 3 Lektionen, die du in dieser schweren Zeit gelernt hast und die dich weiser und stärker gemacht haben.
2. Nenne 3 Personen, die die Situation erträglicher machen, und erkläre, warum und wie.
3. Schreibe 3 Dinge auf, die die Situation erträglicher machen, und erkläre, warum und wie.

Anna Stando hat einen Masterabschluss in Interkultureller Kommunikation. Sie führt international Schulungen und Weiterbildungen durch. Sie ist auch häufig Gast in Podcasts und Motivationsrednerin zu den Themen Inclusive Leadership, Gleichstellung am Arbeitsplatz, Vielfalt und Integration, Dankbarkeit und Resilienz. Erfahre mehr unter: www.annastando.com

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