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Tipps für Eltern: Sorgenfrei in die Zeugnisausgabe

Collage Titelbild: © Karolina Wojciechowska

Die Sommerferien stehen vor der Tür und damit auch die Zeugnisausgabe. Nicht für alle Kinder ein freudiger Moment. Wie Eltern ihren Kindern die Angst vorm Zeugnis nehmen und die Lust am Lernen fördern können, erklärt die Schulpsychologin Christine Leuthard im Interview.


Christine Leuthard (29) ist Psychologin im Schulpsychologischen Dienst (SPD) in Basel. Sie ist spezialisiert auf Kinder- und Jugendpsychologie und arbeitet heute als Beraterin für Schulen, Eltern und Kinder für den Kanton Basel-Stadt.

Christine Leuthard

Frau Leuthard, wie kann ich meinem Kind die Angst vorm Zeugnis nehmen?

Zeugnisse können sehr viel bei Kindern auslösen. Sie stellen eine Bewertung dar, die gerade bei schlechten Noten für den Selbstwert und das Gefühl der Selbstwirksamkeit hinderlich sein können. Darum empfehle ich, die Noten mit den Kindern zu besprechen und ihnen zu vermitteln, dass Noten nicht alles sind.

Was aber, wenn die Noten wichtig sind für den weiteren schulischen Weg, wie zum Beispiel beim Übergang von der Primarschule in die Oberschule?

Ich würde immer davon abraten, die Noten als einzig Wichtiges hochzuhalten – besonders wenn man dadurch dem Kind vermittelt, dass es nicht genügt.

Stattdessen würde ich die Bemühungen des Kindes, die individuellen Fortschritte und vielleicht auch die ersten Ideen und Schritte in Richtung der Selbständigkeit (wenn es darum geht, wie es lernen möchte und was es dafür braucht) wertschätzen.

Im Schweizer Bildungssystem bleiben stets viele Wege offen, auch wenn die Noten zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht für die Wunscheinteilung reichen. Und ich kenne kaum Menschen, die sich von ihren Eltern mehr Notendruck gewünscht hätten.

«Ich rate immer dazu, statt der Noten die Mühe, die sich ein Kind gegeben hat, zu belohnen.»

Ist es denn ratsam, ein Kind zu belohnen, wenn es gute Noten bekommt?

Es ist gut gemeint, kann aber auch Druck aufbauen. Natürlich haben Eltern manchmal eine Tendenz, ihr Kind belohnen zu wollen, wenn das Zeugnis gut aussieht. Denn das zeigt ja auch, dass es sich angestrengt hat. Ich rate allerdings immer dazu, statt der Noten die Mühe, die sich ein Kind gegeben hat, zu belohnen.

Wie können Eltern damit umgehen, wenn schlechte Noten am Selbstbewusstsein nagen?

Eltern können hier zunächst einmal den Fokus auf Schulfächer legen, in denen ihr Kind gut ist oder ein Talent hat. Oder sie bestärken das Kind in einer positiven Eigenschaft, wenn es zum Beispiel besonders kreativ oder sportlich ist.

Eltern sollten ausserdem genau hinschauen: Eine schlechte Note kann immer auch aus einer Prüfungssituation heraus entstehen. Eltern können sich dann mit dem Kind die Frage stellen, wie sich Prüfungssituationen anfühlen und ob diese vielleicht Stress auslösen. Ich rate hier, nach den Bedürfnissen zu fragen: Braucht es vielleicht einen Kalender, der dabei hilft, das Lernen besser zu organisieren? Oder braucht es die Unterstützung der Eltern? Braucht es mehr Ruhe? Damit kann man dem Kind aufzeigen, dass es mitentscheiden kann und Gestaltungsmöglichkeiten hat.

«Kinder brauchen Akzeptanz.»

Wo würden Sie den Eltern raten, sich zurückzuhalten?

Ich denke, es ist wichtig, immer auch die eigenen Gefühle im Blick zu haben. Wie habe ich auf die Noten meines Kindes reagiert? War meine Reaktion auf eine schlechte Note so heftig, weil ich vielleicht als Kind selbst in diesem Fach Schwierigkeiten hatte? Oder mache ich vielleicht Unterschiede zwischen meinem Sohn und meiner Tochter? Habe ich zum Beispiel einem Kind gegenüber höhere Erwartungen als gegenüber seinen Geschwistern? Natürlich ist es insgesamt schwierig, immer neutral zu bleiben. Ein Kind aber kann Blockaden entwickeln, wenn es permanent die Enttäuschung oder den Druck der Eltern spürt. Kinder brauchen Akzeptanz.

Nicht jedes Kind geht gern in die Schule oder lernt gern. Was kann ich als Elternteil tun, um die Motivation und die Freude am Lernen zu fördern?

Kinder haben von Natur aus Freude daran, Neues zu erfahren und die Welt zu entdecken. Wenn ein Kind in einem Fach nicht gut ist oder von einer Lehrperson nicht das bekommt, was es eigentlich bräuchte, kann dies zu Frustration führen.

Studien zeigen, dass negative Emotionen aufgrund schlechter Noten die weitere Leistung in diesem Fach beeinflussen. Gerade wenn ein Kind Schwierigkeiten in einem Fach hat, kann es deshalb wichtig sein, die kleinen Fortschritte sichtbar zu machen. Ich empfehle, Kinder, die zum Beispiel Mühe mit dem Lesen haben, zu filmen oder aufzunehmen und darüber zu sprechen. So kann ich meinem Kind über einen bestimmten Zeitraum hinweg aufzeigen, wie es sich verbessert, und den Erfolg mit ihm gemeinsam feiern.

Die fünf wichtigsten Tipps:

Fokus auf Stärken: Wo hat sich dein Kind Mühe gegeben? Wo hat es Fortschritte gemacht?
Selbstwirksamkeit fördern: Noten sind nicht alles. Fokus auf den Einsatz.
Akzeptanz: Den eigenen Stress zurückhalten und das Kind so nehmen, wie es ist.
Mitbestimmung: Was braucht dein Kind? Wo hat es Gestaltungsmöglichkeiten?
Fortschritte aufzeigen: Gemeinsam Erfolge feiern.


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