Collage Titelbild: © Anna Lach- Serediuk/Kolażanki
Weltweit haben 800 Millionen Menschen ihre Periode und jede erlebt ihren Zyklus anders. Dennoch ist es in unserer Gesellschaft und aufgrund des Tabus beim Thema Periode immer noch schwierig, über die Menstruation zu sprechen und sie in den Alltag zu integrieren. Insofern ist es von grösster Bedeutung, junge Mädchen1 ab der ersten Blutung zu informieren und zu begleiten und somit dabei zu unterstützen, besser durch den Zyklus zu kommen.
In diesem Artikel werden mehrere (aber natürlich nicht alle) Möglichkeiten beleuchtet, die es Eltern ermöglichen, ihre Tochter besser bei der Menstruation zu begleiten. Die Periode gehört der Intimsphäre an, kann aber Gegenstand offener Gespräche sein, damit sich menstruierende Personen zunehmend legitimer und wohler beim Gespräch darüber fühlen.
Gesprächsthema: Wohlbefinden und Verhältnis zum Körper
Der Menstruationszyklus kann sich auf die geistige Gesundheit menstruierender Personen auswirken. Tatsächlich schwankt die Menge der vom Körper produzierten Hormone je nach Zyklusphase. So weisen einige Mädchen in bestimmten Zyklusphasen eine erhöhte körperliche oder psychische Sensibilität (Hochsensibilität) auf, während andere beispielsweise mehr Stunden Schlaf brauchen.
Wenn deine Tochter während ihres Zyklus Hochs und Tiefs durchlebt, kannst du versuchen, mit ihr zusammen wohltuende Tätigkeiten auszuprobieren: ein Bad nehmen, ein gutes Buch lesen, einen Film schauen usw. Du kannst auch deine eigene Erfahrung mit ihr teilen. Bring ihr auch bei, ihr Empfinden zu reflektieren und zu versuchen, ihre Bedürfnisse zu identifizieren. Die gute Nachricht: Es gibt nicht die eine perfekte Antwort, sondern einfach viele verschiedene Möglichkeiten!
Im Übrigen kannst du deine Tochter auch daran erinnern, dass sie jedem beliebigen Hobby nachgehen und jeden Sport praktizieren kann, wenn sie ihre Periode hat – solange sie sich wohlfühlt und sich innerhalb ihrer eigenen (von ihr selbst definierten) Grenzen bewegt. Beruhige sie zum Beispiel, indem du ihr erklärst, dass das Wasser im Schwimmbad nicht rot wird, wenn sie mit entsprechenden Hygieneartikeln baden geht (Periodenbadeanzug, Cup, Tampon, Menstruationsschwamm).
In jedem Fall ist es am wichtigsten, aufmerksam zuzuhören und einen Raum des Vertrauens und des Wohlwollens zu schaffen. Zeig ihr, dass sie sich dir anvertrauen und mit dir ihre hormonalen Veränderungen besprechen kann. Wenn ihr Unwohlsein anhält oder stärker wird, kannst du ihr vorschlagen, gemeinsam oder selbstständig verfügbare Ressourcen zu Rate zu ziehen (Bücher, Podcasts, Vereine, Einrichtungen usw.) oder eine Gesundheitsfachperson aufzusuchen, wenn sie das möchte.
Ideenkiste
> Heisse oder kalte Bäder fürs Wohlbefinden.
> Auf den eigenen Körper und die eigene Müdigkeit hören, gegebenenfalls für ausreichende oder zusätzliche Schlafdauer sorgen.
> Während der Periode ein Übermass an Aktivitäten vermeiden.
> Die Freizeitgestaltung an die aktuelle körperliche Verfassung anpassen.
> Zeit für kreative Momente schaffen, wenn sie Lust darauf hat.
Gesprächsthema: Prämenstruelles Syndrom
Das Prämenstruelle Syndrom (PMS) umfasst alle körperlichen und/oder emotionalen Symptome, die (im Allgemeinen) eine Woche vor der Periode auftreten und ungefähr fünf Tage andauern. PMS ist bei jeder Person anders, aber mögliche Ausprägungen sind: Blähbauch, erhöhte Sensibilität, empfindliche, schwere und geschwollene Brüste, Wasseransammlungen, Migräne, Übelkeit, Schweissausbrüche, Fieber, depressive Stimmung, Schlaflosigkeit, Verdauungsbeschwerden (die Liste ist fast zu Ende, versprochen!), Akneschübe, Sinnverlust, Unentschlossenheit, Traurigkeit oder sogar emotionale Not. Spass klingt anders …
Bestimmte Faktoren können das Auftreten von PMS begünstigen, beispielsweise stressige Situationen, persönliche oder familiäre Ereignisse (Todesfall, Konflikte) oder auch die Ernährung. Du kannst deiner Tochter empfehlen, ihre Zyklen zu beobachten und zu notieren, wann die PMS-Tage auftreten, damit sie ihren Zeitplan entsprechend anpassen kann. Dazu kann sie zum Beispiel ihre Beobachtungen notieren – in einem Tagebuch, ihrem Planer, einem speziellen Menstruations-Kalender, wie zum Beispiel jener, der vom Verein Plan Méduse (siehe Bio am Ende des Artikels) herausgegeben wird, oder – warum nicht – im Familienkalender, wenn sie sich damit wohlfühlt.
Wenn deine Tochter Hilfe benötigt, weil ihr PMS einfach zu stark ist, begleite sie oder verweise sie weiter (an Ressourcen oder Fachpersonen), damit sie verschiedene Lösungen finden und testen kann. Wichtig ist, dass sie nicht mit ihrem Leiden allein bleibt und es vor allem nicht normalisiert.
Ideenkiste
> Agenda in der PMS-Woche anpassen
> Die eigenen Emotionen und Bedürfnisse reflektieren.
> Sich seiner Grenzen bewusst werden und sie einhalten.
> Sich Pausen- und Ruhemomente gönnen.
Gesprächsthema: Regelschmerzen
Bei Regelschmerzen handelt es sich um die Schmerzen, die während der Periode auftauchen, und zwar an einem oder mehreren Zyklustagen. Diese Schmerzen treten auf, weil die Gebärmutter während der Periode Entzündungsstoffe bildet, die zu Muskelkontraktionen in Form von (teils starken) Krämpfen führen. Sie entstehen im Allgemeinen im Unterleib, können aber auch in den Rücken oder sogar in die Beine ausstrahlen.
Diese Schmerzen können sich teilweise sogar deutlich auf die Lebensqualität deiner Tochter auswirken und ihren Schlaf, ihre Konzentration, ihre sozialen Beziehungen und ihre Freizeit beeinträchtigen. Wenn sie mit dir über ihre Schmerzen spricht, nimm dir die Zeit, aufmerksam zuzuhören und gemeinsam die Stärke der Schmerzen zu beurteilen. Du kannst ihr dabei helfen, sie abzumildern, indem du verschiedene Lösungen vorschlägst: etwas Warmes oder Kaltes auf den Unterleib legen, pflanzliche Tees aus schmerzlindernden Kräutern, pflanzliche oder ätherische Öle, körperliche Tätigkeiten, Entzündungshemmer oder Schmerzmittel (dabei auf die richtige Dosierung achten). Wenn die Schmerzen anhalten oder deine Tochter den Eindruck hat, dass sie sich verändert haben, kannst du ihr vorschlagen, eine Fachperson aus der Gynäkologie zu konsultieren, die Ratschläge in Bezug auf mögliche Untersuchungen geben kann.
Gut zu wissen: Die Ernährung wirkt sich auf die Regelschmerzen aus. Lebensmittel, die entzündungsfördernd sind (Kaffee, Laktose, Gluten usw.), können während der PMS-Woche reduziert oder vermieden werden. Diese Woche ist wichtig, weil der Körper sich auf die Periode vorbereitet – dazu braucht er Kraft und Zeit. Wenn der Verdauungsapparat mit Lebensmitteln beschäftigt ist, die bei der Verstoffwechselung viel Energie benötigen, kann dies die Schmerzen an den ersten Regeltagen verstärken.
Ideenkiste
> Eine:n gute:n Gynäkolog:in finden.
> Sich den Bauch mit Öl massieren (z.B. CBD-Öl bei Bauchschmerzen oder Nachtkerzenöl bei geschwollenen Brüsten).
> Eine Wärmflasche oder etwas Kaltes auf den Bauch oder den Rücken legen.
> Die Ernährung anpassen.
> Bequeme Kleidung tragen, die nicht zu eng sitzt.
Gesprächsthema: Menstruationshygiene
Jeder Körper ist einzigartig und es braucht Zeit, ihn zu entdecken. Dazu gehört auch die Wahl der richtigen Menstruationshygiene: Welche Artikel sind am geeignetsten? Mit welchen Produkten fühlt sich deine Tochter am wohlsten? Egal, welcher Hygieneartikel gewählt wird: Die erste Anwendung ist noch nicht die entscheidende. Es kann sogar einige Zyklen dauern, bis deine Tochter wirklich damit zurecht kommt (und z.B. nichts mehr daneben läuft) oder sie sich daran gewöhnt (und z.B. das Blut fliessen spürt).
Es ist wichtig, den Wunsch deiner Tochter zu respektieren. Sie darf auf keinen Fall gezwungen werden, eine bestimmte Art innerlich oder äusserlich anzuwendender Hygieneartikel zu benutzen. Stell ausserdem sicher, dass deine Tochter gut über die richtige Anwendung informiert ist (Reinigung von Periodenunterwäsche und wiederverwendbaren Binden, Anwendungsdauer von Tampons usw.), oder informiere sie selbst darüber, damit sie sich anschliessend selbstständig darum kümmern kann. Jeder Hygieneartikel wird sorgfältig ausgewählt, je nach Menstruationsintensität, Grösse der Vagina und je nach Entscheidung für eine innere oder äussere Anwendung. Du kannst deine Tochter ausserdem zu einem auf Menstruation spezialisierten Geschäft begleiten.
Ebenso kannst du mit deiner Tochter ein Gespräch über den gewählten Hygieneartikel beginnen: Ist das Tragen des Tampons angenehm für sie? Stört es sie zu spüren, wie das Blut fliesst? Ist ihr der Geruch unangenehm? (Wobei Gerüche nach Eisen ganz normal sind.) Erinnern Sie sie auch daran, dass es während der Entdeckungsphase (und auch später) passieren kann, dass mal etwas daneben geht – und dass das nicht schlimm ist!
Ideenkiste
> Verschiedene (innen und aussen anzuwendende) Menstruationshygieneprodukte ausprobieren.
> Den ersten in die Scheide einzuführenden Artikel an einem bekannten und bequemen Ort ausprobieren.
> Sich über freie Menstruation (bzw. Free Bleeding) informieren; diese Methode lässt sich mit der Zeit und mit grösserer Vertrautheit mit der Periode und dem eigenen Körper erlernen.
> Lösungen für den Fall eines «Lecks» oder eines unerwarteten Eintretens der Periode überlegen (wo und wen man um Hygieneartikel bittet, wie man verschmutzte Unterwäsche reinigt usw.).
Fazit
Es ist keine Kleinigkeit, seine Periode zu haben! Man kann es nicht oft genug sagen: Hör deiner Tochter (oder auch jeder anderen Person) aufmerksam zu, wenn sie sich dir anvertraut. Wenn du dich nicht wohl dabei fühlst, über die Periode zu sprechen, oder nicht zu allen Themen Bescheid weisst, sorge dafür, dass dein Kind sich einer anderen erwachsenen Person anvertrauen kann (einer:m Angehörige:n, einer Gesundheitsfachperson).
Ein letzter Hinweis: Die Wahl der Gynäkologin oder des Gynäkologen ist von grösster Bedeutung! Zwischen deiner Tochter und den Fachpersonen, die sie in dieser Lebensphase begleiten, sollte ein Vertrauensverhältnis entstehen. Daher kannst du deine Tochter nach dem ersten Termin und auch später regelmässig fragen, wie sie die Versorgung erlebt und ob alles in Ordnung ist. Denk daran, dass ihre Emotionen immer legitim sind. Wenn sie sich nicht gehört oder wohlfühlt, kannst du ihr raten, zu einer anderen Fachperson zu wechseln.
Es läuft letztlich auf Folgendes hinaus: Such das Gespräch so früh wie möglich – so könnt ihr gemeinsam und mit Freude mit der Periode umgehen!
1 Obwohl wir in diesem Artikel von Mädchen sprechen, möchten wir daran erinnern, dass Menstruation unabhängig vom sozialen Geschlecht alle Personen betrifft, die eine Gebärmutter haben.
© Alle Illustrationen dieses Artikels stammen von Plan Méduse.
Plan Méduse ist ein Verein aus fünf Personen, die selbst menstruieren. Ziel des Vereins ist es, Raum für offene Gespräche über die Periode zu schaffen und den Zugang zu Informationen zu erleichtern. Aus diesem Grund hat der Verein 2024 einen analogen Menstruations-Kalender veröffentlicht. Der Kalender ist für den persönlichen und professionellen Gebrauch bestimmt und verfügt über spezifische Bereiche, in denen die Intensität der Menstruation, Zyklusprognosen, Informationen zu Emotionen, Schmerzen, Verdauung, Schlaf usw. festgehalten werden können. Ausserdem finden sich darin Ratschläge, Anekdoten und Listen mit Ressourcen (Podcasts, Bücher, Webseiten, Orte usw.), die bei Bedarf konsultiert werden können.
Weitere Informationen über die verschiedenen Projekte und Veranstaltungen des Vereins findest du auf Instagram unter @plan.meduse oder auf der Webseite www.planmeduse.com. Du kannst dem Verein auch schreiben: planmeduse@gmail.com.