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Seinem Kind helfen, auf seine Bedürfnisse zu achten

Welches Tier bist du heute? Ein wilder Mustang, ein junger Löwe, ein geselliger Elefant, ein anschmiegsamer Koala oder ein schlafendes Faultier? Das ist eine gute Frage, wenn wir mit Kindern über ihre Bedürfnisse sprechen möchten.

In der 15. Ausgabe von KALEIO entdecken die Leser:innen, dass es wichtige Bedürfnisse gibt, die Menschen mit Tieren gemein haben. So braucht der Elefant seine Familie, das Löwenjunge Zeit zum Spielen, der Mustang Freiheit, das Faultier Schlaf und der Koala Wärme und Sicherheit. Ein Bedürfnis ist ein ganz natürlicher Zustand eines Körpers, dem etwas Wichtiges fehlt. Es ist das Bedürfnis, das uns antreibt und zum Handeln motiviert. Es ist eine bestimmte Art von «Nichterfülltheit» oder Spannung, die wir auflösen möchten. Wenn wir Erholung brauchen, können wir ein Nickerchen halten, eine Pause bei der Arbeit machen, aus dem überfüllten Raum gehen oder ein paar Minuten der Entspannung mit einem Buch oder mit Musik verbringen, um uns besser zu fühlen. Wenn wir Bewegung brauchen, stehen wir einen Moment vom Schreibtisch auf, dehnen uns oder gehen in die Küche, um einen Tee zu machen.

Unsere Bedürfnisse sind untrennbar mit unseren Gefühlen verbunden. Wenn sie erfüllt sind, spüren wir Freude, Ruhe, Glück, Zufriedenheit. Unerfüllte Bedürfnisse führen hingegen zu Frustration, Gereiztheit, Traurigkeit. Bedürfnisse und die mit ihnen verbundenen Emotionen geben uns Hinweise darauf, was wir anstreben und was wir vermeiden sollten. Ohne sie könnten wir nicht überleben, geschweige denn ein Gefühl für Ausgeglichenheit und Wohlbefinden entwickeln.

Wir bedürfen unserer Bedürfnisse

Das Repertoire unserer Bedürfnisse verändert sich im Laufe des Lebens. Lange ging man davon aus, dass kleine Kinder nur Nahrung, Schlaf und eine trockene Windel brauchen. Heute ist jedoch bekannt, dass sie sehr viel mehr Bedürfnisse haben und nur ein kleiner Teil davon körperlicher Natur ist. Die Erfüllung einiger davon – zum Beispiel des Bedürfnisses nach Nahrung oder Schutz – ist lebensnotwendig. Die Erfüllung anderer – etwa des Bedürfnisses nach Kontakt oder Aufmerksamkeit – ist die Grundlage für eine gesunde emotionale und soziale Entwicklung.

Kinder sind in dieser Hinsicht fast vollständig von Erwachsenen abhängig. Eine wichtige Rolle der Sorgeberechtigten ist es darum, dem Kind dabei zu helfen, seine Bedürfnisse zu erkennen, ihm beizubringen, sie zu erfüllen und damit umzugehen, wenn sie unerfüllt bleiben. Und obwohl diese Aufgabe ein wesentlicher Bestandteil des Elternseins ist, ist sie ganz und gar nicht einfach, da Kinder nur eingeschränkte Kommunikationsmöglichkeiten haben und unser eigenes Verhältnis zu Bedürfnissen aufgrund unserer eigenen Erfahrungen manchmal auch kompliziert sein kann.

Einige von uns haben gelernt, dass Bedürfnisse eine Schwäche, Selbstgenügsamkeit und Unabhängigkeit hingegen sehr viel wert sind. Manchmal haben wir aufgrund eines geringen Selbstwertgefühls den Eindruck, dass wir die Hilfe anderer bei der Erfüllung unserer Bedürfnisse nicht verdienen. Oder wir möchten – wenn wir dann Hilfe bekommen – uns sofort revanchieren. Dabei ist an Bedürfnissen nichts auszusetzen. Wir alle haben sie, und sie sind wichtig.

Kümmern wir uns um die Bedürfnis-Tiere

Stellen wir uns vor, dass jedes Bedürfnis ein Tier ist, das auf unsere Fürsorge angewiesen ist. Wenn du beispielsweise Gesellschaft brauchst, bist du wie ein Elefant – Elefanten leben in einer Herde und kümmern sich umeinander. Oder wenn du das Bedürfnis hast, zu spielen und deine Neugier zu stillen, bist du wie ein junger Löwe, der sich beim Herumtollen austobt und wichtige Fähigkeiten trainiert.

Manche Bedürfnisse haben alle Tiere gemeinsam – es kann gut sein, sich beim Gespräch mit den Kindern darauf zu berufen.

Cover von Kaleio Nr.15. © Elżbieta Wasiuczyńska

Wie können wir uns um unsere eigenen und die Bedürfnisse unserer Kinder kümmern?

  • Entwickeln wir unsere eigene Sprache, um mit Kindern über Bedürfnisse zu sprechen. Es kann hilfreich sein, solche «Tiermetaphern» zu verwenden. Ihr Vorteil ist, dass dadurch Bedürfnisse als etwas Natürliches betrachtet werden, das ein beständiger Teil unseres Lebens und eine Motivationsquelle für unser Handeln ist.
  • Beobachten wir uns selbst und helfen wir unserem Kind, seine Bedürfnisse zu erkennen. Das richtige Erkennen erfordert Aufmerksamkeit und kann erlernt werden. Sicherlich kennst du Kinder, die dann am meisten herumspringen und herumtollen, wenn sie Erholung bräuchten – bei ihnen lohnt sich die Frage: «Welches Tier bist du gerade?»
  • Erlauben wir uns selbst und unserem Kind, Bedürfnisse zu haben und Emotionen zu spüren. Akzeptieren wir sie. Es ist normal, sie zu haben und zu fühlen. Es ist auch normal, dass Bedürfnisse und Gefühle sich verändern. Heute brauchst du vielleicht Gesellschaft, morgen Ruhe. In einem Moment braucht das Kind vielleicht Nähe und Zärtlichkeit und einen Augenblick später Freiheit und Autonomie.
  • Suchen wir gemeinsam nach Wegen, um die Bedürfnisse zu erfüllen. Sie können sehr unterschiedlich sein! Wenn wir Erholung brauchen, können wir ein Nickerchen halten, uns hinlegen und der Stille lauschen, in den Himmel schauen, lesen, Musik hören, ein paar sanfte Übungen machen oder … 10 Kilometer laufen. Es gibt so viele Methoden wie Menschen. Wie erholst du dich am besten? Was hilft deinem Kind? Findet heraus, was wirklich funktioniert und euch, eurem Umfeld und euren Werten entspricht.
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