Es lohnt sich, mit seiner Tochter über die Wechseljahre zu sprechen

Collage Titelbild: © Karolina Wojciechowska

Während der Wechseljahre hast du vielleicht nicht besonders viel Lust darauf, deinen Kindern davon zu erzählen, und vielleicht interessiert sich deine Tochter auch nicht für dieses Thema. Das ist in Ordnung. Es lohnt sich jedoch, über diese Erfahrung zu reden. Warum, das erklärt die Trainerin für psychosoziale Kompetenzen Izabela Cisek-Malec im Gespräch mit der Journalistin und Autorin Maria Hawranek.

© Alicja Wasilka-Krygier

Vor Kurzem habe ich eine Reportage über die Wechseljahre geschrieben. Aus den Gesprächen mit den Protagonistinnen habe ich erfahren, dass selbst Frauen, denen ein bewusstes Erfahren ihrer Körperlichkeit wichtig ist, mit ihren Töchtern meistens nicht über ihre Wechseljahre sprechen. Warum?

Heute betreffen die Wechseljahre häufig Frauen1 mit noch sehr jungen Töchtern, weil sie später Kinder bekommen als früher. Und häufig ist das nicht der beste Zeitpunkt für solche Gespräche. Und wenn dann wiederum die Töchter im Teenageralter sind, interessieren sie sich nicht unbedingt für das Thema. Sie wachsen dann gerade selbst heran, fangen an, ihre Weiblichkeit zu entdecken, erleben umfassende Veränderungen im eigenen Körper und der Selbstwahrnehmung.

Es kann trotzdem eine gute Idee sein, ihre Aufmerksamkeit darauf zu lenken, dass auch ihre Mütter Veränderungen erleben: hin zu einer reiferen Lebensphase und ins Alter. Wenn Eltern mit ihren Kindern vorher schon über Körperlichkeit, Zyklen und die Periode sprechen, wird es ihnen auch nicht schwerfallen, über die Wechseljahre zu sprechen.

Was haben die erwachsenen Teilnehmerinnen Ihrer Workshops von ihren Müttern über deren Wechseljahre gehört?

Während der Workshops frage ich die Frauen, wie sie von den Wechseljahren ihrer Mutter erfahren haben. Am häufigsten ist die Antwort: gar nicht. Entweder versteckten und verschwiegen die Mütter diese Zeit oder sie erduldeten sie als eine Zeit des Leids, sahen sie als etwas Schlechtes und als Niedergang ins hoffnungslose Alter an. Eine weitere Gruppe von Frauen beobachtete die umschlagenden Stimmungen der Mutter, die Wut, die depressiven Zustände und kam so selbst zum Schluss, was der Grund dafür sein könnte.

Wir haben also keine gesunden Vorbilder dafür, wie man über die Wechseljahre sprechen kann. Und wenn gar nicht kommuniziert wird, sendet das schliesslich auch eine Botschaft.

Wie soll man also über die Wechseljahre sprechen, um künftige Generationen von Frauen von überflüssigem Ballast zu befreien und vor Stereotypen zu bewahren?

Wir können beispielsweise irgendeine offensichtliche Veränderung, die wir erleben, nutzen, um von ihr zu erzählen. Zum Beispiel kann die Mutter erklären, dass sie nicht mehr so aktiv ist und lieber im Park sitzt oder ein Buch liest, weil sie in den Wechseljahren ist. Für viele Frauen verändert sich in dieser Phase ihr Lebensstil und das kann der Gesprächsauftakt sein. Vielleicht reichen auch ein oder zwei Sätze. Teenagerinnen sind ohnehin sehr von ihrer eigenen Welt eingenommen. Ausserdem lernen Kinder viel mehr dadurch, dass sie beobachten, wie wir Dinge erleben und erfahren, als dadurch, dass sie zuhören, was wir ihnen sagen.

Welche Wörter eignen sich, um über die Wechseljahre zu sprechen?

Am besten ist es, Wörter und Beschreibungen zu finden, die zu uns selbst passen. Manche Frauen benutzen die Bezeichnung «zweite Pubertät». Diese deutet darauf hin, dass die Wechseljahre ein Zeitraum des Übergangs in die zweite Lebenshälfte sind. Oder auch «Klimakterium», vom griechischen Wort «klimakter», was so viel bedeutet wie «letzte Sprosse einer Leiter». Oder vielleicht passt jemandem die Bezeichnung «Übergangszeit» am besten? Oder Vorbereitung auf das Alter? Eine Fünfzigjährige kommt einer Teenagerin schliesslich sehr alt vor. Man kann auf die ständige Veränderung verweisen, die das Leben nun mal bedeutet.

Es soll also jede von uns ihre eigene Erzählung finden, die sie ihrer Tochter weitergeben kann?

Ich ermutige Frauen, ihre eigene Sprache und Worte zu finden. Wir sind daran gewöhnt und dazu erzogen, dass jemand uns Dinge sagt, dass wir Antworten in Büchern finden. Natürlich kann das helfen und Bücher sind eine unschätzbar wertvolle Wissensquelle. Es ist jedoch auch gut, Antworten in sich selbst zu suchen und sich auf die eigene Weisheit zu verlassen.


Izabela Cisek-Malec ist Trainerin für psychosoziale Kompetenzen. Sie hat selbst die Wechseljahre erlebt und begleitet seit einigen Jahren Frauen bei dieser Veränderung als auf die Wechseljahre spezialisierte Doula.

Izabela Cisek-Malec

Dieser Artikel wurde auf dem Portal „Kosmos dla dorosłych“ veröffentlicht. Kürzungen und Titel von KALEIO.

1 Die meisten persönlichen Erfahrungen mit der Menopause betreffen Cis-Frauen (Frauen, die als Frauen geboren wurden und sich als solche identifizieren), aber auch Transgender-Männer und manche Menschen, die sich weder als Mann noch als Frau identifizieren, erleben die Menopause. Cis-Männer durchlaufen ebenfalls im selben Alter eine hormonelle Umstellung: die Andropause.


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