3 Dinge, die sich für Mädchen zum Besseren gewandelt haben

Collage Titelbild: © Anna Lach- Serediuk/Kolażanki

Mädchen müssen auch heute noch gegen strukturelle Hürden kämpfen, die tief in der Gesellschaft verankert sind und sich in vielen Bereichen wie Schule, Gesundheit und der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zeigen. Gleichzeitig gibt es in der Schweiz auch Erfolge zu feiern: Entwicklungen, die Mädchen für ihren Lebensweg gestärkt haben und sie bis heute positiv beeinflussen.Wir haben drei Meilensteine zusammengefasst.

Genderstereotype weichen langsam auf: Fussball für alle

2025 wird zum ersten Mal die Fussball-Europameisterschaft der Frauen in der Schweiz ausgetragen. Das ist eine tolle Nachricht für die vielen Mädchen und jungen Frauen, die in Fussballvereinen trainieren. Und tatsächlich sind die Zahlen der Fussball spielenden Frauen und Mädchen laut dem Schweizerischen Fussballverband in den letzten Jahren förmlich explodiert: Heute kicken über 41 000 lizenzierte Mädchen und Frauen in einem Klub. Zum Vergleich: Vor dreissig Jahren waren es weniger als 4000. Allein in den letzten zwei Jahren verzeichnete der Mädchen- und Frauenfussball einen Zuwachs von mehr als 30 Prozent.

Aber wusstet ihr, dass Frauen bis in die frühen 1970er-Jahre offiziell nirgends Fussball spielen durften? Im Jahr 1957 gab es in Basel noch heftigen Widerstand gegen ein geplantes «Damen-Fussball-Länderspiel» Holland gegen Deutschland. Der Schweizerische Fussball- und Athletikverband liess dazu verlauten, der Anlass sei «eher in die Kategorie einer Schaustellung oder Zirkusdarbietung» (sic!) einzureihen und dürfe nicht in Basel stattfinden.

Am 28. Februar 1968 wurde mit dem «Damen-Fussball-Club Zürich» der erste Frauenfussballverein der Schweiz gegründet. Die Anfänge waren geprägt von Widerständen und Vorurteilen, doch die Leidenschaft der Spielerinnen trieb die Entwicklung voran. Dennoch sind die Voraussetzungen bis heute ungleich: Zum Beispiel sind mehrere Spielerinnen der Schweizer Nati nicht hauptberuflich als Fussballerinnen tätig, sondern arbeiten neben dem Fussball in einem weiteren Job, manchmal sogar in Vollzeit. Das liegt häufig daran, dass sie noch immer weniger verdienen als ihre männlichen Fussballkollegen.

Übrigens: Ungefähr zeitgleich wie der Startschuss des Frauenfussballs wurde an Schweizer Schulen der Turn- und Sportunterricht auch für Mädchen obligatorisch. Einige Städte hatten ihn zu dem Zeitpunkt zwar bereits für beide Geschlechter möglich gemacht, gesetzlich und verbindlich vorgeschrieben ist das Turnen für Mädchen aber erst seit 1972.

Frauenkörper wird enttabuisiert: Gratis Tampons und Binden an Schulen

Seit wenigen Jahren gibt es in einigen Schweizer Städten an den Schulen gratis Tampons und Binden auf den Klos. Zum Beispiel in Basel, Zürich, Schaffhausen, Lausanne oder Bern. Das spart nicht nur Geld, sondern vor allem unangenehme Momente für Mädchen, die nicht immer auf ihre Regelblutung vorbereitet sind. Einige Schulen haben zeitgleich einen Kurs zur Menstruation angeboten, um das Thema zu enttabuisieren. So zum Beispiel im Kanton Waadt, wo zusätzlich zum Pilotprojekt der kostenlosen Bereitstellung von MenstruationsproduktenMassnahmen zur Gesundheitsförderung und Prävention angeboten wurden.

Eine weitere positive Nachricht in Sachen Periode kommt aus der Stadt Freiburg: Seit Sommer 2024 bietet sie ihren Angestellten einen sogenannten «Mensurlaub» an – bis zu drei Tage können sie pro Monat fehlen, ohne ein ärztliches Attest vorlegen zu müssen. Bisher ist die Stadt damit noch allein in der Schweiz. Es gibt also Potenzial, das ausgeschöpft werden will!

Besserer Schutz für Mädchen gesetzlich verankert

Auch in der Politik hat sich in den vergangenen Jahren etwas bewegt (wenn auch, wie so oft, langsamer als in unseren Nachbarstaaten). Ein internationales Abkommen soll dafür sorgen, dass Frauen und Mädchen vor verschiedenen Formen der Gewalt besser geschützt sind: Die Istanbul-Konvention des Europarats ist das erste rechtlich bindende Instrument dazu. Am 1. April 2018 ist die Konvention (nach 23 anderen europäischen Ländern) auch in der Schweiz in Kraft getreten. Neben Frauen schliesst die Konvention explizit Mädchen bis 18 Jahre mit ein. Damit beziehen sich sämtliche Vorgaben auch auf Mädchen.

Das Übereinkommen schreibt beispielsweise vor, dass es genügend Schutzplätze in der Schweiz gibt, also etwa Frauen- und Mädchenhäuser, und dass diese auch finanziell abgesichert sind. Ausserdem sollen die Opferberatungsstellen besser bekannt und erreichbar sein. 

Wird ein Mädchen Opfer eines Sexualdelikts, hat die Schweiz mit einer Initiative im Jahr 2008 entschieden, dass die Taten an Kindern unter 12 Jahren nicht mehr verjähren können. Das ist wichtig für den Schutz von Betroffenen (statistisch sind das viel mehr Mädchen als Jungen), da sie sich oftmals erst viele Jahre später trauen, den Täter anzuzeigen.

Neuste Errungenschaft: Seit dem 1. Juli 2024 ist das revidierte Sexualstrafrecht in Kraft. Damit gilt beim Sex der Grundsatz «Nein heisst Nein»: Der Täter muss nicht mehr mit Gewalt gedroht oder diese angewendet haben, damit der Tatbestand einer Vergewaltigung oder eines Übergriffs erfüllt ist. Entscheidend ist, dass das Opfer die sexuelle Handlung nicht gewollt und dies gezeigt hat, sei das durch Weinen oder Erstarren. Neu bestraft wird per Gesetz übrigens auch, wer heimlich beim Sex das Kondom entfernt hat (das nennt man Stealthing).

All das sind grosse Schritte, auch wenn nicht unerwähnt bleiben darf, dass es weiterhin einen grossen Graubereich gibt. Viele Stereotype, die leider auch in der Rechtssprechung verankert sind, entlasten die Täter in vielen Fällen. (Dies zeigt Agota Lavoyer sehr eindrücklich in ihrem Buch «Jede Frau_Über eine Gesellschaft, die sexualisierte Gewalt verharmlost und normalisiert».) Um diese Schutzlücken komplett abzudecken, bräuchte es die «Nur Ja heisst Ja»- Lösung. Auch hier gibt es also noch Potenzial, das ausgeschöpft werden will!

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