Wir zeigen Mädchen eine Welt voller Möglichkeiten.

Kinder, lasst uns über Geld sprechen

Über Geld spricht man nicht! Diese alte Redewendung hat sich tief in unseren Köpfen verankert. Die Folge davon: Geld verdienen und haben ist ein Tabuthema – insbesondere für Frauen. Ein guter Grund, um schon früh mit Kindern (und vor allem Mädchen) über Geld zu sprechen und ihnen das Thema Finanzen näherzubringen. Zwei Finanzexpertinnen geben Antwort auf folgende fünf Fragen.


Dr. Mara C. Harvey ist die Gründerin von FinancialParentingWorld.com und Autorin der Buchreihe «A Smart Way To Start» über Geld, Gleichberechtigung und Nachhaltigkeit für Kinder (5-10 Jahre). Die preisgekrönte Verfechterin der Gleichberechtigung hat 21 Jahre Berufserfahrung in der Vermögensverwaltung und ist Mutter eines Mädchens und eines Jungen.

Cécile Biccari arbeitet seit über 20 Jahren im Bereich der nachhaltigen Finanzen. Als selbständige Beraterin berät sie Finanzinstitute. Sie hat Tausende von Anlageexpert:innen darin geschult, Nachhaltigkeit in ihr Denken einzubeziehen. Als Mutter von zwei Kindern liebt sie Bücher, Puzzles und entwickelt kreative Wege, um die nächste Generation zu fördern.


Meine Kinder sind noch klein (6-9 Jahre alt). Soll ich wirklich schon so früh mit ihnen über Geld sprechen?

  • Ja, unbedingt! Die Forschung zeigt, dass Kinder ab 3 Jahren mit dem Thema Geld in Berührung kommen und bereits mit 7 Jahren weitgehend ihr grundlegendes Verständnis von Geld entwickelt haben.
  • Das Verständnis eines Kindes für Geld beruht häufig auf der Einstellung zu Geld, die in seiner Familie vorherrscht. Als Eltern vermitteln wir unseren Kindern unbewusst unsere Werte und Gefühle. Dies prägt die Beziehung des Kindes zu Geldfragen für den Rest seines Lebens.
  • Ob es uns gefällt oder nicht: Unsere Kinder machen sich schon früh ihre eigenen Gedanken über Geld. Deshalb müssen wir uns mit ihnen und ihren neugierigen Köpfen über dieses wichtige Thema unterhalten. Indem wir ihre Fragen beantworten und mit ihnen über alltägliche Erfahrungen im Zusammenhang mit Geld sprechen, vermitteln wir ihnen eine ausgewogene Perspektive, auf der sie im Erwachsenenalter aufbauen können.

Warum ist es besonders wichtig, kleine Mädchen zu ermutigen, sich mit Geld auseinanderzusetzen?

  • Internationale Untersuchungen (gilt auch für die Schweiz) zeigen, dass Mädchen bis 10 Jahre weniger Taschengeld erhalten als ihre männlichen Geschwister (zwischen 10 und 50 Prozent Unterschied). Niemand möchte seine Tochter absichtlich benachteiligen, aber wir alle sind geprägt von gesellschaftlichen Genderstereotypen und Vorurteilen, die sich auch auf die Erziehung auswirken.
  • Wir neigen dazu, mit Jungen und Männern anders über Geld zu sprechen als mit Mädchen und Frauen. Denn traditionell werden Männer als die Geldverdiener angesehen, Frauen als diejenigen, die Geld ausgeben und für das Haushaltsbudget verantwortlich sind. Es ist höchste Zeit, solche Genderklischees in Gesprächen über Geld hinter uns zu lassen.
  • Mit Mädchen über das Geldverdienen zu sprechen ist wichtig, um ihr Selbstwertgefühl und Vertrauen in ihre Finanzkompetenzen zu stärken. Um die wirtschaftliche Gleichstellung der Geschlechter voranzutreiben, ist es essenziell, Mädchen zu Hause einen sicheren Rahmen zu bieten, wo sie lernen, Geld zu verdienen und ihren Lohn auszuhandeln, damit sie später auf Augenhöhe mit den Jungen in den Arbeitsmarkt eintreten können. Selbstvertrauen aufzubauen, braucht viel Übung!

KALEIO-Magazin Nr. 12: Reichtum
Entdecke in dieser Ausgabe, warum Reichtum nicht nur eine Frage des Geldes ist, warum du bereits reich und wertvoll bist, wieso ein Kleidungsstück mehr oder weniger kostet und lerne, wie du mit deinem Taschengeld umgehen kannst. Erfahre mehr über Edelsteine, Kristalle und Perlmuscheln. Und finde heraus, wie sich Geld über die Zeit gewandelt hat und was sich in den Schweizer Banknoten verbirgt.

Magazin hier bestellen.


Welche Schlüsselkompetenzen des Finanzmanagements soll ich meinen Kindern näherbringen?

  • Sparen: Geldausgeben und der Verzicht auf Ausgaben (sprich sparen) sind die sichtbarsten Möglichkeiten, mit Geld umzugehen. Deshalb neigen Kinder dazu zu glauben, dass dies die einzigen beiden Optionen sind, die ihnen zur Verfügung stehen. Um die Grundlagen für ein erfolgreiches Finanzmanagement zu schaffen, ist es wichtig, die Kinder frühzeitig mit einigen zusätzlichen Konzepten vertraut zu machen.
  • Verdienen: Die wichtigste Art, Geld zu verdienen, besteht darin, ein Produkt oder eine Dienstleistung zu verkaufen. Indem Sie Kinder für gewisse Aufgaben finanziell belohnen, bieten Sie ihnen einen sicheren Rahmen, das Geldverdienen zu erlernen. Idealerweise handelt es sich dabei um Arbeiten, die nicht in der täglichen Haushaltspflege anfallen, sondern beispielsweise Gartenarbeit oder die Reinigung der Fenster. Das ist auch der Moment, eine erste «Lohnverhandlung» zu führen. Eine andere Möglichkeit ist, Kinder an einem Flohmarkt teilnehmen zu lassen, auf dem sie ihre alten Spielsachen verkaufen können.
  • Investieren: Klingt nach einer Aktivität für Erwachsene und trotzdem betrifft sie auch Kinder. Wichtig ist, zuerst das Konzept dahinter zu erklären. Im Wesentlichen geht es beim Investieren darum, sein Geld einzusetzen, anstatt es im Sparschwein oder auf dem Sparkonto liegen zu lassen. Investieren bedeutet, mit dem eigenen Geld die Entwicklung einer Idee voranzutreiben. Ist die Idee gut (und verkauft sie sich auch), erhalten wir im Gegenzug mehr Geld. Wie beim Geld ausgeben, ist es auch beim Investieren wichtig, die Auswirkungen eines Produktes oder einer Dienstleistung auf den Rest der Welt zu beachten und in seine Entscheidungen miteinzubeziehen. Wir können Kinder ermutigen, unternehmerisch zu handeln und ihr Erspartes zur Finanzierung von Vorlaufkosten zu verwenden. Ein Beispiel wäre der Kauf von Perlen und Fäden, um daraus Armbänder herzustellen und die dann in der Nachbarschaft zu verkaufen.
  • Teilen und spenden: Um mit diesem Konzept zu experimentieren, können Sie Ihr Kind bitten, sich beim Kauf eines Geburtstagsgeschenks für ein Familienmitglied oder ein/e Freund:in zu beteiligen. In einem zweiten Schritt können Sie erklären, dass man Geld auch mit Menschen teilen kann, die man nicht näher kennt. Binden Sie Ihr Kind ein in eine Spendensammlung für einen guten Zweck. Fragen Sie es, ob es eine NGO unterstützen möchten, die Bäume pflanzt, Tiere schützt oder anderen Kindern in Not hilft.
  • Spiele und Glücksspiele: Online-Spiele und -Apps sind für Kinder immer leichter zugänglich. Manchmal sind sie kostenpflichtig oder locken Kinder mit dem Versprechen, etwas zu gewinnen. Es ist wichtig, Kindern von klein auf zu vermitteln, dass es zwar in Ordnung ist, Spiele und Apps zur Unterhaltung zu nutzen, dass sie aber schnell süchtig machen können und das Risiko, dabei Geld zu verlieren, sehr hoch ist. Ein guter Umgang wäre, sich ein gewisses Budget für Online-Spiele zu gönnen, gleichzeitig aber auch Grenzen zu definieren, um rechtzeitig wieder aufhören zu können, bevor man zu viel Geld beim Spielen verliert.

Wie viel Taschengeld soll mein Kind erhalten?

  • Pro Juventute und Budgetberatung Schweiz empfehlen, Kindern ab der ersten Klasse ein Taschengeld von 1 Franken pro Woche zu geben. Der Betrag kann sich dann pro Schuljahr jeweils um einen weiteren Franken erhöhen. Ein wöchentliches Taschengeld ist gerade für kleine Kinder empfehlenswert, da sie den Begriff der Zeit noch nicht ganz begreifen. Wichtig ist, dass Eltern regelmässig ein Taschengeld zahlen, ohne dass ihr Kind darum bitten muss. Der grosse Vorteil dieses Ansatzes ist, dass er für die Eltern mit wenig Aufwand verbunden ist.
  • Der Nachteil eines regelmässigen Taschengelds ist, dass ein Kind lernt, Geld auszugeben, bevor es lernt, es zu verdienen. Wenn Sie Ihrem Kind die Möglichkeit geben, zumindest einen Teil seines Taschengeldes zu verdienen, verhindern Sie, dass es sich an den automatischen und mit jedem Jahr wachsenden Geldsegen gewöhnt.
  • Mit 12 Jahren ist ein Kind alt genug, um einen so genannten «Jugendlohn» zu erhalten. Zusätzlich zum Taschengeld erhält das Kind einen Teil des Haushaltsbudgets, das es im Rahmen der Familienausgaben für seine Bedürfnisse (z.B. Kleider) ausgeben kann. Dies ist ein hervorragendes Instrument, um Kindern zu verdeutlichen, wofür die Familie alles Geld ausgibt und wie sie ihr Budget entsprechend gestaltet.

Illustration aus: Kaleio Nr. 12 «Reichtum» (© Zosia Dzierżawska)

Wie kann ich meinen Kindern den Zusammenhang zwischen Geld, Glück und Verantwortung erklären?

  • Zunächst ist es wichtig, deutlich zu machen, dass Geld an sich kein Ziel ist. Vielmehr ist es ein Mittel zum Zweck, um beispielsweise unser tägliches Leben zu bestreiten (Wohnung, Lebensmittel, Energie) und uns auf die Zukunft vorzubereiten (Ausbildung, Reisen, Erfüllung von Lebenszielen).
  • Ein weiterer Ansatzpunkt ist, den Kindern beizubringen, zwischen «haben», «brauchen» und «wollen» zu unterscheiden und Prioritäten zu setzen. Überlegen Sie gemeinsam, was das Kind bereits hat, was es gerne kaufen würde, weil es diese Dinge benötigt (Bücher, Stifte usw.) und was es gerne zum Vergnügen kaufen würden (z. B. Spielzeug, Accessoires).
  • Geld kann nur einmal ausgegeben werden, daher ist es wichtig, eine kluge Entscheidung zu treffen: Soll ich jetzt kaufen oder lieber noch ein wenig warten? Besprechen Sie mit Ihrem Kind die Optionen, bevor es seine Wahl selbständig trifft.
  • Jede Entscheidung darüber, wie wir Geld einsetzen, hat eine Vielzahl von Auswirkungen nicht nur auf uns und unsere Gefühle, sondern auch auf die Welt um uns herum. Das ist eine wichtige Botschaft an Kinder. Wenn sie sich dieser Auswirkungen bewusst sind, können sie verantwortungsvoller handeln.
  • Erklären Sie Ihrem Kind, dass der Preis einer Sache nicht unbedingt ihren Wert widerspiegelt. Der Lieblingsteddy mag zwar nicht viel kosten, kann aber für ein Kind trotzdem unglaublich wertvoll sein. Im Gegensatz dazu ist ein Auto sehr teuer. Vor allem, wenn man vergleicht, wie viel günstiger es ist, mit den öffentlichen Verkehrsmitteln (oder mit dem Velo) von A nach B zu kommen.
  • Der Trick besteht darin, unterscheiden zu lernen zwischen dem unmittelbaren «Wohlfühlfaktor», der mit dem Gedanken an eine Anschaffung verbunden ist, und dem tatsächlichen Nutzen eines Produkts. Üben Sie mit Ihrem Kind, indem Sie es fragen, warum etwas für ihn/sie wichtig ist, bevor Sie es kaufen, und denken Sie gemeinsam über Alternativen nach, die dieselben Bedürfnisse auf andere Weise befriedigen könnten.
  • Zeigen Sie Ihrem Kind auf, dass viele Elemente und Leistungen der Natur wertvoll für uns sind: Bäume und Wälder tragen zur Regulierung des Klimas bei. Ein gesunder Boden filtert und reinigt das Wasser. Pflanzen können zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden. Lange Zeit haben wir diese Leistungen umsonst genossen. Heute wissen wir, dass ihr Wert nicht selbstverständlich ist und dass wir die Umwelt schützen müssen. Eine Möglichkeit, dies zu erreichen, besteht darin, dafür zu sorgen, dass sich der Wert der Ökosystemleistungen in dem Preis widerspiegelt, den wir zahlen, wenn wir etwas kaufen.

Die Vermittlung von Finanzkonzepten an Kinder mag für manche Eltern abschreckend wirken, da sie oft mit komplexen Terminologien und Zahlenkompetenzen in Verbindung gebracht werden. In Wirklichkeit hat die finanzielle Allgemeinbildung viel mehr mit «Soft Skills» zu tun: wirkungsvoll kommunizieren, offen über den wahren Wert einer Sache diskutieren (auch wenn dieser sehr subjektiv ist), sich über seine Ziele und Prioritäten im Klaren sein, auf andere Rücksicht nehmen, lernen, geduldig zu sein und Risiken einzugehen, und aus den Fehlern lernen, die man auf seinem Weg unvermeidlich macht.

Verwandte Artikel

Schliessen
Warenkorb (0)

Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb. Es befinden sich keine Produkte im Warenkorb.



Language